Carl Jacob Moritz Heussenstamm (Bildquelle: Historisches Museum Frankfurt)
Der Gründer der Heussenstamm-Stiftung, Dr. jur. Carl Jacob Moritz Heussenstamm, war der letzte Namensträger einer seit dem frühen 17. Jahrhundert in Frankfurt lebenden Schreinerfamilie. Sein Vater, Georg Jakob Heussenstamm, hatte als Jurist den Aufstieg ins städtische Beamtentum geschafft. Heussenstamm selbst studierte ebenfalls Rechtswissenschaften und trat in den Dienst der Stadt ein. Er war von 1873 bis 1880 Stadtverordneter und wurde dann neben Oberbürgermeister Johannes von Miquel zum Zweiten Bürgermeister gewählt. Seine zweite Amtsperiode als Stellvertreter von Oberbürgermeister Franz Adickes beendete Heussenstamm 1899 und ging in Pension.Sein Mandat im Wiesbadener Landtag behielt er bis kurz vor seinem Tod.
„Er war ein schlichter, einfacher Mann und […] durchwanderte zu Fuß die Straßen unserer Stadt, um hellen Auges und klugen Blickes sich selbst von den Vorkommnissen des Tages zu unterrichten.“
Frankfurter General-Anzeiger in seinem Nachruf auf Carl Jacob Moritz Heussenstamm (1913)
Carl Jacob Moritz Heussenstamm galt als linksliberal und weltoffen; er engagierte sich für die Fortschrittliche Volkspartei. Als Vorsitzender der Schulbehörde setzte er sich für die konfessionsübergreifende Regelschule ein, die zu seiner Zeit Simultanschule genannt wurde. Er wollte, dass seine Familienstiftung gleichermaßen protestantische, katholische wie auch jüdische Lehrer unterstützen würde, um so die breitenwirksame Bildung voranzutreiben.
Nach ihrer Genehmigung durch die preußischen Behörden im Februar 1914 unterstützte die Heussenstamm-Stiftung zunächst junge Volksschullehrer, ungeachtet ihrer religiösen Zugehörigkeit.
Während der Weltwirtschaftskrise und des Zweiten Weltkriegs waren die Aktivitäten der Stiftung auf die Unterstützung Not leidender Kulturschaffender und Künstler ausgerichtet, denen sich Heussenstamm ebenfalls verpflichtet gefühlt hatte. Nach 1945 organisierte sich die Stiftung neu. Ihr Schwerpunkt liegt seither auf der beruflichen Förderung von Künstlern und der Organisation von Ausstellungen.
Ein wichtiges Ereignis der Stiftungsgeschichte war die Eingliederung jüdischer Stiftungen in die Heussenstamm-Stiftung während des Nationalsozialismus und danach. Diese „Arisierung“, vorangetrieben durch den Frankfurter Oberbürgermeister Friedrich Krebs, beinhaltete die Umwidmung jüdischer Stiftungsvermögen, die Absetzung jüdischer Stiftungsvorstände sowie die Tilgung jüdischer Stifternamen aus den offiziellen Unterlagen. Es ist der Heussenstamm-Stiftung ein Anliegen, an dieses Unrecht zu erinnern und die jüdische Kultur als Teil ihrer Identität zu pflegen und zu erhalten.
„Wir sehen heute unsere Verantwortung, das geschehene Unrecht zu benennen, uns zu erinnern und Sorge zu tragen, dass die gerade in der Stadt Frankfurt so traditionsreiche jüdische Kultur in der Arbeit auch dieser Stiftung sichtbar gemacht und weitergetragen wird.“
Felix Semmelroth, ehem. Vorstandsvorsitzender der Heussenstamm-Stiftung (2014)